Corona Interview

Corona Interview mit Alex Ray

Alex Ray war ja bereits schon zwei mal für ein Seminar in der Trickbox, wodurch er einigen meiner Leser bereits gut bekannt ist. Das erste mal 2015, noch im Zauberstudio Sinaro, danach Ende 2019 im umgebauten Geschäft in Wien. Damals hätte noch keiner Gedacht, dass die Welt nur ein halbes Jahr später eine vollkommen andere sein wird. 

Er hat mir meine fünf Fragen sehr ausführlich beantwortet.

Viel Spaß beim lesen!

Wie hast du die Pandemie bisher persönlich erlebt? Was hat es für dein Leben bedeutet? 

Als Privatperson habe ich diese Zeit zwiespältig erlebt. Die völlig neuen Situationen die uns bevor standen, waren bis zu einem gewissen Grad beängstigend. Finanzielle Sorgen und Existenzängste waren anfangs natürlich eine Belastung. Gleichzeitig habe ich eine besondere Form der Entschleunigung erlebt. Die Zeit die ich plötzlich zur Verfügung hatte, konnte und durfte ich mit meiner Familie verbringen. Das hat uns viel enger zusammengeschweißt. Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, hatte diese Zeit mehr Gutes als Schlechtes für mich parat. Ich übernahm neue Aufgaben und hatte immer etwas sinnvolles zu tun. Langeweile kam nie auf!

Wie bist du als Künstler mit der Situation umgegangen? Was hatte Erfolg und was eher nicht? 

In diesem Bereich meines Lebens sah die Situation nicht immer so gut aus. Das Fehlen von Auftritten, Perspektiven und Planungssicherheit wurde immer wieder zum Problem. Meine Motivation lies gerade zu Beginn des zweiten Lockdowns zu wünschen übrig. Ich hatte die Wahl, den Kopf in den Sand zu stecken und die ganze Situation an mir vorüberziehen zu lassen oder mich aufzurappeln und mir sinnvolle Arbeit zu suchen. Doch die Freude am Beruf hat mich nie verlassen. Online-Shows waren nur ganz kurz ein Thema für mich. Ich wählte einen anderen Weg. Mein Hauptaugenmerk in jedem Lockdown war die Zeit „danach“ und die „Spielbarkeit“ meiner Shows aufrecht zu erhalten. So begann ich meine Routinen zu zerpflücken und immer wieder an die aktuellen Sicherheitsbestimmungen anzupassen. Diese Sicherheitsvorkehrungen kamen bei meinen Kunden extrem gut an und ich war, aufgrund all dieser Vorkehrungen, sehr gut gebucht. Zumindest wann immer es gesetzlich möglich war. Alleine die Suche nach der perfekten Maske für Close Up Auftritte war eine Mammutaufgabe an der ich immer noch gelegentlich feile. Zwar war es zu Beginn nur eine reine Vorsichtsmaßnahme, doch bald stellte sich heraus, dass manche Auftritte nur noch mit Masken durchzuführen waren. Ich liebe es „Tablehopping“ oder „Close-Up“ Auftritte zu spielen. Die Arbeit an der „Spielbarkeit“ hatte also höchste Priorität. Dadurch hatte ich ein lohnendes Ziel. Ich verbrachte meine Zeit nicht nur mit dem Studium neuer Nummern und Routinen. Im Gegenteil! Diese Arbeit war in den Lockdown Zeiten nicht wirklich notwendig. Für mich war es notwendig, unter bestimmten Situationen auch in Zukunft spielen zu können und gleichzeitig mein Publikum und mich zu schützen so gut es eben ging.

Ich konnte durch die vielen Umstellungen meines Repertoires und meiner Sicherheitsvorkehrungen sehr viele Auftritte generieren. Natürlich ging das nicht ohne entsprechendes Marketing. Das war mein wichtigster Erfolg als Künstler. Ein weiterer wichtiger und richtiger Schritt war es, meinen Steuerberater mit der kompletten Abwicklung aller Förderungen zu beauftragen. Anfangs versuchte ich das selbst. In erster Linie um Geld zu sparen. Doch dabei geriet ich rasch auf dünnes Eis. Auch wenn mich der Berater einiges kostet, bringt er mir ungleich mehr ein. Das fällt wohl unter „hatte Erfolg“.

Unzählige Versuche eine perfekte Maske zu bekommen, neue Gadgets die verbesserte Sicherheit oder besondere Effekte versprachen, die Versuche mich rund ums Haus als Handwerker zu betätigen und viele weitere Punkte fallen dann wohl unter „eher nicht“.

So gesehen, waren die einzigen wirklich schädlichen Auswirkungen der Lockdowns, die vielen Stich-, Schnitt-, Schürf- und Brandverletzungen die ich mir beim „Heimwerken und Basteln“ zugezogen habe.

Wenn du die Zeit zurück drehen könntest, gibt es etwas, das du aus jetziger Sicht anders machen würdest? 

Ich denke, dass ich keine Erfahrung der vergangenen beiden Jahre missen möchte. Jede Sorge, jeder Fehlschlag aber auch jeder Erfolg und jedes Hochgefühl haben ihre Berechtigung in meinem Leben. Nein, ich würde nichts anders machen wollen.

Wenn ich die Zeit wirklich zurückdrehen könnte, würde ich mir aber gerne selber beim Basteln zusehen. Das wäre eine echt coole Komödie!

Wie hat sich die Pandemie aus deiner Sicht auf die Zauberkunst ausgewirkt? Wo gab es die größten Veränderungen? 

Die Online Shows haben sich als eine weitere Sparte der Zauberkunst quasi selbst erfunden. In diesem Bereich wird sich garantiert noch einiges tun.

Ich denke nicht, dass sich die Zauberkunst selbst großartig verändert hat, sondern ihre Wahrnehmung. Shows oder auch nur einzelne Kunststücke auf irgendwelchen online Plattformen zu sehen und gleich darauf nach den Lösungen zu googeln ist gebräuchlicher geworden als zuvor. Gleichzeitig kommt es mir so vor, als ob sich die Wahrnehmung von Live Unterhaltung verändert hat. Bei meinen Auftritten in den letzten beiden Jahren hatte ich das Gefühl, dass die Zuseher dankbarer dafür waren als zuvor und mir auch mehr Wertschätzung entgegen bringen.

Die größten Veränderungen gab es für mich, ganz klar im zwischenmenschlichen Bereich. Damit meine ich allerdings nicht nur die Trennung der Gesellschaft in Maßnahmengegner und Maßnahmenträger sondern auch den Umgang der Menschen miteinander generell. Speziell auf Social Media Kanälen bemerke ich eine zunehmend respektlose Art der Kommunikation. Rücksichtnahme, Verständnis und Empathie im Allgemeinen scheinen dort den Rückzug angetreten zu haben.

Ich hoffe, dass sich dieser Trend, wie so viele andere, bald wieder verabschiedet und die Menschen wieder ein wenig respektvoller mit einander umgehen.

Welche Veränderung in der Welt, die durch die Pandemie entstanden sind, werden deiner Meinung nach auch in Zukunft erhalten bleiben?

Aus der Not hat man einige Tugenden gemacht. Der virtuelle Raum hat den Menschen schon recht lange Möglichkeiten geboten, die Realität zu imitieren. Ich denke, dass dies auch weiterhin bestehen bleiben wird. Online-Meetings und Videotelefonie haben sich in allen Altersschichten etabliert. Meiner Meinung nach wird es allerdings auch für längere Zeit bei dem bleiben was es nun ist. Die „nächstbeste“ Lösung.

Ein virtuelles Treffen wird ein echtes Treffen nicht so schnell ersetzen können. Zumindest nicht, wenn es um Emotionen und einzigartige Erlebnisse geht. Aus diesem Grund sehe ich auch eine großartige Zeit des Live-Entertainments vor uns liegen. Mag es auch noch ein wenig dauern.

Die Menschen sehnen sich nach gemeinsamen, schönen Momenten die zu wundervollen Erinnerungen werden. Ich hoffe, wir werden alle wieder da sein um diese Sehnsüchte zu erfüllen.

Fotocredits: Sebastian Konopix

 

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