Tricky Niki
Ich bin sehr froh, dass Tricky Niki heute Zeit gefunden hat, mir meine fünf Fragen zu beantworten. Die einzige Alternative wäre es gewesen Emil meine Fragen zu stellen, aber ich bin nicht sicher, ob so ein Drache hier gute Antworten liefert. 😉
Viel Spaß beim lesen! 🙂
Wie hast du die Pandemie bisher persönlich erlebt? Was hat es für dein Leben bedeutet?
Die letzten 2 Jahre waren eine Achterbahn der Emotionen. Auf der einen Seite werden dir als Künstler, die Bretter, die deine Welt bedeuten unter den Füßen weggezogen, auf der anderen Seite genießt du Zeit, die du nie hattest für viele Dinge, zu denen du nie gekommen bist. Zeit, die ich extrem kreativ und produktiv gestalten konnte. Anfangs war es ein kompletter Schock. Ich hatte gerade erst eine mehr als erfolgreiche Premiere mit meiner aktuellen Show „NIKIpedia“ gefeiert. Eine Tour mit weit über 100 Shows organisiert, die fast alle schon so gut wie ausverkauft waren. Unmengen an Energie, Zeit und natürlich Geld für Marketing und Co. investiert. Das alles war von heute auf morgen einfach weg. Das musste ich erst mal verarbeiten und lernen zu akzeptieren.
Ich bin aber ein sehr positiver, bescheidener und optimistischer Mensch. Insofern wurde die anfängliche Schockstarre durch Dankbarkeit und Demut abgelöst. Ich bin gesund und weil ich die letzten Jahre sehr fleißig und sparsam war, hatte ich zumindest nicht die ganz großen Existenzängste. Aber natürlich kommen mit der Zeit auch immer wieder die psychischen Downs, weil ich mich mit und durch meinen Job als Entertainer identifiziere. Und das seit über 25 Jahren. Die Bühne, das Publikum, der Applaus und das wunderbare Feedback, fehlt mir natürlich sehr. Ich bin aber kein Mensch, der den Kopf in den Sand steckt. Ich habe die Zeit genutzt, indem ich viel mehr die Natur genossen und mein Tennisspiel stark verbessert habe.
Schockiert während all der Zeit, hat mich diese Spaltung der Gesellschaft. Corona hat nicht nur den Systemen beinhart ihre Schwächen aufgezeigt, sondern auch den wahren Charakter jedes Einzelnen. Und da wurde ich in alle Richtungen von vielen Menschen „überrascht“. Positiv, als auch negativ. Ich habe die ganze Pandemie unter anderem auch als große Chance für Veränderungen gesehen. Leider wurde es speziell in der Politik verabsäumt, genau diese einmalige Möglichkeit, wahr zu nehmen.
Wie bist du als Künstler mit der Situation umgegangen? Was hatte Erfolg und was eher nicht?
Künstlerisch war diese Zeit nicht nur herausfordernd, sondern auch mehr als kreativ, produktiv und lehrreich für mich. Alleine im ersten Lockdown, war der spontane Sprung von der analogen zur digitalen Bühne, ein sehr sehr spannender. Ich habe mehrmals die Woche meinen Fans über meinen Facebook- und Instagram-Kanal, mit lustigen Bauchrednertexten und digitalen Zaubernummern, die eintönige Zeit zu Hause verkürzt. Das war für mich ein unerwarteter und wunderbarer Weg bzw. Lernprozess. Der mit einem 90 sekündlichen Clip, mit meinem Handy im Wohnzimmer aufgenommen, begonnen hat und mit einer eigenen abendfüllenden Online Show, im eigenen Studio mit zwei 15 Tausend Euro Kameras und 8 Laptops, endete. (Dank an dieser Stelle an meinen Techniker, der mir all die Hardware und sein Know-How zur Verfügung gestellt hat.)
Diese Zeit war mehr als faszinierend und produktiv für mich. Ich habe mich mit vielen neuen Dingen beschäftigt, die auch meine magische Karriere positiv beeinflusst haben.
Neben dem erfolgreichen Ausflug auf die digitale Bühne, habe ich im Laufe der letzten 2 Jahre mehrere Zauberroutinen für meine kommende Show kreiert und fix fertig in der Schublade liegen. Außerdem habe ich die Zeit genutzt und in Deutschland eine Hypnose-Coach-Ausbildung absolviert. Somit auf diesem Weg ein weiteres erfolgreiches Standbein aufgebaut.
Wenn du die Zeit zurück drehen könntest, gibt es etwas, das du aus jetziger Sicht anderes machen würdest?
Nachdem mir in all der Zeit keine Sekunde langweilig war und ich versucht habe, jeden Moment entweder zu genießen oder kreativ zu gestalten, würde ich im ersten Denkansatz nicht viel verändern. Hätte ich jedoch gewusst, dass uns diese Pandemie beruflich doch so lange beeinflusst, dann hätte ich aus Interesse vielleicht doch noch die ein oder andere Ausbildung gemacht. Oder meinen Keller aufgeräumt. Gut, im nächsten Lockdown aber dann wirklich!
Wie hat sich die Pandemie aus deiner Sicht auf die Zauberkunst ausgewirkt? Wo gab es die größten Veränderungen?
Prinzipiell ist Veränderung nie schlecht. Aber auch hier gibt es wie immer im Leben positive und negative Seiten. Die negativen sind ganz offensichtlich, dass allen von heute auf morgen ihre Auftritte weggebrochen sind. Für die Einen war es nicht nur ihre Leidenschaft, sondern auch ihr täglich Brot bzw. ihre finanzielle Lebensgrundlage. Für die Anderen ein wunderschönes Hobby, das man nur noch in den eigenen vier Wänden ausleben konnte. Das positive ist natürlich, dass man plötzlich gezwungen war, auf die veränderte Situation zu reagieren. Das ist vielen gar nicht, aber einigen sehr gut gelungen.
Da war plötzlich eine ganz neue Form der Auftrittsmöglichkeit gegeben. Die digitale Online-Show. Nicht zu vergleichen mit einer Live-Show, da es etwas komplett anderes ist. Daran sind auch viele Kollegen gescheitert, da sie ihre Live-Shows versucht haben 1:1 auf die digitale Bühne zu bringen. Es ist ein komplett anderes Medium, andere Umstände, anderes Publikums-Management, meist andere Kunststücke, neue Herausforderungen und technische Abhängigkeiten. Ich habe mit der Zeit und den dann doch vielen Online-Shows, wahninnig viel über diese neue Auftrittsvariante gelernt. Über das Thema „Online Show“ kann man wohl ganze Bücher schreiben und würde den heutigen Rahmen hier wohl sprengen.
Ein großes Manko in den letzten zwei Jahren war sicherlich der ungewollte Verzicht auf persönliche Treffen. Nicht nur im Freundeskreis, auch unter Kollegen. Auch das wurde meist in die digitale Welt ausgelagert. Auf der anderen Seite hatten plötzlich viele namhafte Künstler Zeit und haben online Workshops angeboten. Z.B. hatte ich sehr viel Spaß mit dem einzigartigen David Williamson an neuen Nummern zu arbeiten. Eine Möglichkeit, die es ohne die Pandemie wahrscheinlich nicht gegeben hätte.
Eine weitere Veränderung ist sicher das Kaufverhalten der Zuschauer. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sprechen bzw. kenne die gleiche Situation von Kollegen aus der Comedy- und Kabarettszene. Die Pandemie hat uns alle um Jahre zurückgeworfen. In vielen Theatern heißt es: 40-50 Prozent verkauft, ist das neue ausverkauft. So etwas wie einen Vorverkauf gibt es nicht mehr. Die Kaufentscheidungen sind meist sehr spontan und mittlere Weile auch sehr differenziert.
Das hat alles vieles Gründe. Natürlich finanziell, da viele Menschen einfach sparen müssen. Angst vor einer Ansteckung. Weil sie nicht mit Maske im Saal sitzen wollen. Oder einfach, weil sie sich „entwöhnt“ haben und es bequemer ist, zu Hause auf der Couch zu sitzen.
Welche Veränderung in der Welt, die durch die Pandemie entstanden sind, werden deiner Meinung nach auch in Zukunft erhalten bleiben?
Showtechnisch gesehen hat sich der Auftrittsrhythmus verändert. Früher war für uns vor allem im Herbst und im Winter „High Season“. Das hat sich komplett gedreht. Die Open-Air Bühnen sind wie die Schwammerl aus dem Boden geschossen. In naher Zukunft werden wohl die Frühlings- und Sommermonate die auftrittsstärkeren Zeiten sein und das sogenannte Sommerloch wird sich in den Winter verlagern.
Weiters werden uns in Zukunft sicherlich Online Meetings, digitale Arbeitsprozesse und dergleichen, erhalten bleiben. Und diese machen in vielen Bereichen auch einen vor allem ökonomischen Sinn.
Spannend wird für mich die Frage, wie sehr die Gesellschaft sich „erholt“. Es ist für mich erschreckend zu sehen, wie schnell und einfach wir alle durch Medien manipulierbar sind bzw. wie schnell unsere Gesellschaft spaltbar ist. Was wir eigentlich nie wahrhaben wollten, wurde uns durch die Pandemie beinhart vorgeführt. Haben wir daraus gelernt? Ich denke ja… wird es was verändern? Ich befürchte nein, will den Glauben aber an das positive im Menschen niemals verlieren.